NORDIRAK

Zurück statt alleine im Asyl

Yousif Salman: Nordirak – Türkei – ... – Deutschland – Nordirak (– Deutschland?)

„Ob auf legalem oder illegalem Wege, Hauptsache wieder nach Deutschland.“ So beschreibt Yousif Salman* gleich zu Beginn des Gesprächs seine Pläne. Er ist Christ und lebt mit seiner Familie in der nordirakischen Provinz Ninive zwischen Mossul und Erbil. So war es auch im Sommer 2014.

Doch dann erhebt sich der Islamische Staat und beginnt, immer mehr Gebiete im Irak und schließlich das nahegelegene Mossul zu erobern. Zehntausende christlichen Einwohner:innen packen ihre Sachen und fliehen. Die meisten brechen in Richtung des östlich gelegenen Erbil auf. Andere, darunter Yousif, versuchen über die Türkei nach Europa zu gelangen.

Der Familiennachzug scheitert

Yousif, damals Ende 20, schafft es tatsächlich bis nach Deutschland. Hier stellt er einen Asylantrag, dieser wird bewilligt. Als verfolgter Christ erhält er eine Aufenthaltsgenehmigung für mindestens drei Jahre und damit die Möglichkeit, legal zu arbeiten. Der gelernte Landwirtschaftsmechaniker findet jedoch nur Arbeit bei einer Leiharbeitsfirma. Ein paar Monate liefert er Getränke aus, dann stellt er Pakete zu. Er fühlt sich sehr wohl in Deutschland, doch zwei Aspekte betrüben ihn: Die Leiharbeitsfirma zahlt ihm zwei Monatsgehälter nicht aus, obwohl er die Arbeit geleistet hat.

Der zweite Punkt wiegt noch schwerer: Yousif ist verheiratet und seine Frau, die ebenfalls vor dem IS fliehen musste, hält sich noch im Irak auf. Fünf Jahre lang versucht er erfolglos, eine Familienzusammenführung in Deutschland zu erwirken. Als wegen der Covid-19-Pandemie im Frühjahr 2020 das deutsche Generalkonsulat in Erbil bis auf Weiteres seine Türen schließt und keine Visa mehr ausstellt, sind Yousif und seine Frau endgültig verzweifelt. Der gemeinsame Traum von einem sicheren Leben in Deutschland rückt in unerreichbare Ferne.

Geschäft ohne Umsatz

Yousifs Frau geht es psychisch immer schlechter. Und weil sie nicht zu ihm kommen darf, entschließt er sich, zu ihr zu gehen, zurück in den Irak. Er informiert sich bei der Caritas über die Rückkehrprogramme und reist im Herbst 2020 in den Irak. Rückblickend sagt er: „Schon in dem Moment, in dem ich die Entscheidung getroffen habe, wusste ich, dass es die falsche ist. Aber ich hatte keine Wahl. Ich habe es für meine Frau getan.“

Im Rahmen der Reintegrationsmaßnahmen erhält er finanzielle Unterstützung, insgesamt rund 7.000 Euro zur persönlichen Verwendung und zum Aufbau eines kleinen Geschäfts. Nun ist er zwar Besitzer eines Ladens und die Regale sind voll mit Waren, aber kaum jemand kann sich die Waren leisten. Die ohnehin angespannte wirtschaftliche Situation ist durch die Covid-19-Pandemie noch schwieriger geworden. An manchen Tagen macht Yousif einen Umsatz von 15 Euro, an anderen Tagen gar keinen. Zum Leben reicht es hinten und vorne nicht.

Ob das Rückkehrprogramm ihm mit der finanziellen Unterstützung eine Zukunftsperspektive ermöglicht habe? „Was sind 7.000 Euro, um an einem neuen Ort ein neues Leben anzufangen? Wenn du jetzt nach Österreich umziehen würdest und dort ein Geschäft aufbauen möchtest, würden da ein paar tausend Euro reichen? Was ich brauche, sind ein festes Einkommen, um meine Familie ernähren zu können, und Schutz vor Verfolgung.“

* Namen von der Redaktion geändert.