Ein Angebot, das Recht auf Schutz zu verkaufen

Ein Statement von Matthias Lehnert, Rechtsanwalt

Wenn meine Mandant:innen einen negativen Asylbescheid vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) bekommen und ich ihnen erkläre, was es mit den beigefügten Hinweisen für eine Rückkehrhilfe auf sich hat, halten sie das für einen sehr schlechten Scherz. Wenn Menschen aus Afghanistan, dem unsichersten Land der Welt, für eine Rückkehr etwa 1.000 Euro „Starthilfe“ angeboten bekommen, können sie sich damit keine Sicherheit kaufen. Wenn Menschen schon zu Beginn ihres Asylverfahrens und vor einer Entscheidung von staatlichen oder halb-staatlichen Stellen einseitig beraten und mit finanziellen Angeboten dazu verleitet werden sollen, in ihr Herkunftsland zurückzukehren, ist das nichts weniger als das Angebot, das Recht auf Schutz zu verkaufen.

In einem rechtsstaatlichen Verfahren, erst recht in einem Asylverfahren mit derart existenzieller Bedeutung, und vor einer letztinstanzlichen Entscheidung darf der Staat nicht versuchen, schutzsuchende Menschen mit Geld davon abzuhalten, ihre Rechte geltend zu machen. Menschenrechte können nicht verkauft werden. Und Staaten können sich durch eine „Rückkehrhilfe“ nicht von ihrer Verantwortung für Schutzsuchende freikaufen – wie der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte zuletzt 2019 entschieden hat, im Fall eines Mannes, der aus Finnland „freiwillig“ in den Irak zurückgekehrt und dort erschossen worden war.

Bei „Hilfe zu freiwilliger Rückkehr“ geht es weder um Hilfe noch um Freiwilligkeit. Es ist keine Hilfe, weil nicht die ernsthafte Unterstützung und Absicherung einer gewollten Remigration der Zweck ist, sondern die Erhöhung der Ausreisezahlen und die Entlastung der staatlichen Abschiebemaschinerie. Und es hat nichts mit Freiwilligkeit zu tun, wenn Menschen vor die Wahl gestellt werden, eine staatlich gestützte Rückkehr in Anspruch zu nehmen oder von einer gewaltvollen Abschiebung bedroht zu sein.